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Weidetierhaltung im Wolfsgebiet

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Nach offizieller Angabe des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) und der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) lebten im Monitoringjahr 2019/20 in Deutschland 128 Wolfsrudel, 36 Wolfspaare und 9 territoriale Einzeltiere in 173 erfassten Wolfsterritorien. Welpen werden aufgrund der hohen Sterblichkeit innerhalb des ersten Lebensjahres in dieser Zusammenfassung nicht berücksichtigt. Von den 128 bestätigten Wolfsrudeln konnte für 117 Rudel im Monitoringjahr 2019/20 eine erfolgreiche Reproduktion mit insgesamt 431 Welpen bestätigt werden. Ein Monitoringjahr erstreckt sich vom 01. Mai eines Jahres bis zum 30. April des Folgejahres (DBBW).

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In Hessen gibt es derzeit nach Angaben des Wolfzentrums Hessen fünf territoriale Einzeltiere (Stand Mai 2021), Hessen ist damit Wolfsland. Als territoriales Einzeltier gilt ein Wolf, der über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten wiederholt in einer Region nachgewiesen werden kann.

Die Gefahr von Nutz- und Weidetierrissen ist auch in Hessen real. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland insgesamt 2.894 Nutztiere nachweislich durch den Wolf gerissen. Die vom Wolf am häufigsten getöteten Nutztiere sind Schafe und Ziegen, andere Arten sind wesentlich seltener betroffen (DBBW).

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Die weitere Zunahme der Wölfe in Deutschland macht es notwendig sich intensiv mit wirkungsvollen und praxisorientierten Maßnahmen zum Schutz von Weidetieren zu beschäftigen. Wie an den beiden territorialen Wölfen in Hessen deutlich wird, erschließt sich der Wolf immer weitere Regionen in der Kulturlandschaft als Lebensraum und die Konflikte mit Weidetierhaltern nehmen zu. Nur wenn es gelingt Lösungen anzubieten, die gleichermaßen anwenderfreundlich, kostengünstig und effektiv sind, wird auch unter Weidetierhaltern eine nachhaltige Akzeptanz für den Wolf geschaffen werden können. 

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Im Zusammenhang mit von Wölfen getöteten Nutztieren ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass diese lediglich 1,1% der vom Wolf verzehrten Nahrung ausmachen. Der mit Abstand bedeutendste Teil sind Wildtiere, allen voran Rehe, Wildschweine und Hirsche (Daim in Hackländer 2019). Risse von Haustieren treten zudem häufig regional konzentriert und im Zusammenhang mit unzureichenden Herdenschutzmaßnahmen auf.

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Die meisten Nutztierrisse entstehen dort, wo sich der Wolf neu etabliert und die örtliche Weidetierhaltung noch nicht auf den Neuankömmling eingestellt ist. In aller Regel nehmen Nutztierrisse nach ein bis zwei Jahren nach Ankunft des Wolfes wieder ab, wenn die Tierhalter gelernt haben mit seiner Anwesenheit umzugehen (DBBW).

Die lokale Anzahl der Wölfe lässt keinen sicheren Rückschluss auf die zu erwartenden Schäden zu. Zwar steigen Übergriffe auf Nutztiere häufig mit wachsender Anzahl von Wölfen, Herdenschutzmaßnahmen zeigen jedoch eine Wirkung. Einzelne Wölfe auf Wanderschaft richten teils erhebliche Schäden an, wenn sie in Regionen ohne Schutzmaßnahmen vordringen. Ebenso sind einzelne Wölfe, die gelernt haben sich an wenig geschützten Nutztieren zu vergreifen, oft für hohe Schäden verantwortlich. Sie lernen gezielt nach Schwachstellen in den Schutzmaßnahmen zu suchen und diese ausnutzen.

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Dass die bisherigen Herdenschutzmaßnahmen keinen vollständigen Schutz bieten zeigt auch ein Blick in die offizielle Risstabellen der einzelnen Bundesländer. Trotz Zäunen und Herdenschutzhunden gibt es Regionen, in denen über 50% der Übergriffe auf geschützte Herden stattfinden. Als geschützte Herden gelten jene, die nach behördlichen Vorgaben abgesichert wurden (Heindl in Hackländer 2019).

Die derzeitigen Herdenschutzmaßnahmen, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) als "optimalen Schutz und  in Fällen,  in denen Maßnahmen des Mindestschutzes überwunden wurden" empfiehlt, umfassen in erster Linie die Nutzung von Elektrozäunen. Zum Aufbau heißt es dort: „mind. 120 cm Höhe, straff gespannt und bodenbündiger Abschluss (Netzzaun) bzw. unterster Draht/Litze bei max. 20 cm. Niedrigere Netzzäune (>90 cm) können durch eine zusätzliche oder integrierte Breitbandlitze auf 120 cm Höhe aufgestockt werden, alternativ können sie auch in Kombination mit Herdenschutzhunden (...) eingesetzt werden. Draht-/Litzenzäune sollten aus mind. fünf Drähten/Litzen bestehen (Abstand vom Boden 20, 40, 60, 90, 120 cm).“

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Speziell in Hessen wird derzeit in erster Linie der flächendeckende Einsatz eines Grundschutzes bzw. Mindestschutzes empfohlen. Das umfasst u.a. das Aufstellen 90 cm hoher Elektro- oder konventioneller Zäune, die mindestens 120 cm hoch und gegen Durchschlüpfen, Überklettern und Untergraben gesichert sind (Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen).

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Der Einsatz von Herdenschutzhunden wird ebenfalls durch das BfN empfohlen: „pro Herde (...) (sollen) mindestens zwei erwachsene, ausgebildete Herdenschutzhunde eingesetzt werden. Die empfohlene Anzahl der Hunde ist pauschal nicht zu benennen, da sich diese nach der Art der jeweils gehaltenen Weidetiere, der Herdengröße, dem Verhalten der Herde und der Größe und Übersichtlichkeit der Weidefläche richtet (...).“ Weniger wirksame Alternativen zu Herdenschutzhunden sind Alpakas, Lamas und Esel.

Der Einsatz von Herdenschutzhunden ist allerdings nicht völlig unproblematisch, wie Beispiele aus der Schweiz zeigen. Bissattacken der Herdenschutzhunde führen immer wieder zu Konflikten, vor allem dort, wo mit hohem Besucheraufkommen zu rechnen ist (Heindl in Hackländer 2019). Die meisten Erfahrungen zum Einsatz von Herdenschutzhunden liegen zudem mit Schafen vor, wie der Einsatz der Hunde in Rinderherden gelingen kann ist kaum bekannt (Heindl in Hackländer 2019).

Verglichen mit einem einfachen Stromzaun, den ein Wanderschäfer bisher zum umzäunen seiner Herde nutzen konnte, verursacht das Aufstellen und Warten von Zäunen zur Wolfsabwehr oder der Einsatz von Herdenschutzhunden wesentlich mehr Arbeit.

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Mehrfachtötungen von Weidetieren stoßen in der breiten Öffentlichkeit immer wieder auf große Aufmerksamkeit. Dabei reißt der Wolf nicht nur ein Tier und verzehrt es, sondern er tötet unverhältnismäßig viele und lässt die Beute liegen. Grund hierfür ist eine unnatürliche Situation, in der sich der Wolf wiederfindet. Der Zaun und das gering ausgeprägte Fluchtverhalten der zahmen Weidetiere verhindern, dass diese sich vor dem Wolf und seiner Beute zurückziehen können. Der Wolf sieht sich einem dauerhaften Reiz – der unmittelbaren Nähe der Beutetiere – ausgesetzt. Er kann nicht zum Fressen übergehen, sondern verbleibt im „Jagdmodus“ und tötet weiter, teilweise bis zur Erschöpfung. Dasselbe Verhalten zeigen Füchse oder Marder im Hühnerstall.

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Neben den direkten Tötungen verursachen Wolfsangriffe auf Weidetiere noch andere Probleme. Stressbedingt kommt es vor allem bei Schafen zu Fehl- und Frühgeburten, meist sind diese Jungtiere nicht überlebensfähig.

Zusätzlich zu dem wirtschaftlichen Schaden durch den Verlust der Tiere darf die emotionale Bindung vieler Weidetierhalter zu ihren Tieren nicht unterschätzt werden.

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Trotz vielversprechender, aber auch arbeits- und kostenintensiver Ansätze gibt es derzeit keine Möglichkeit für Nutztierhalter ihre Herden absolut verlässlich vor Wolfsangriffen zu schützen. 

LUPUS REPEL möchte hier ansetzen und hat als Ziel die Entwicklung eines wirksamen Weidetierschutzes mit einem möglichst geringen Mehraufwand für die Nutztierhalter. Ausgewählte Duftstoffe werden in dafür vorgesehenen Verteilern (Dispenser) an Zaunpfählen befestigt. Der Wolf orientiert sich sehr stark über seinen hervorragend ausgeprägten Geruchssinn, den LUPUS REPEL mit Duftstoffen zu manipulieren versucht. Für den Wolf soll der Eindruck drohender Gefahr entstehen und ihm am Betreten der  Weidefläche hindern. 

Das Ausbringen der Dispenser mit Duftstoffen wäre ein kostengünstiger Herdenschutz mit einer hohen Umweltverträglichkeit. Weder die Weidetiere, noch der Wolf würden zu Schaden kommen und ein Dispensersystem wäre leicht zu installieren und in nahezu jedem Gelände einsetzbar.

Literatur

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HACKLÄNDER, K. (2019): Der Wolf im Spannungsfeld von Land- & Forstwirtschaft, Jagd, Tourismus und Artenschutz - Leopold Stocker Verlag GmbH, Graz, 215 Seiten

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